
In meinen Workshops stelle ich den Teilnehmenden oftmals die Frage, was sie sich in ihrem Alltag vermehrt wünschen. Die Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Platz 3: mehr Kommunikation (und bitte nicht nur per E-Mail). Platz 2: mehr Verständnis. Platz 1: mehr Wertschätzung. Dass Empathie und Wertschätzung wichtig sind, da sind sich alle einig. Über das richtige Mass hingegen lässt sich streiten.
Die gute Nachricht lautet: Empathisches Verhalten ist lernbar – vorausgesetzt, dass der betreffende Mensch aus psychologischer Sicht gesund ist. Wir kommen mit einem sogenannten «Starterkit» für Empathie zur Welt. Weiter ist die Umgebung, in der wir aufwachsen, «matchentscheidend», ob sich unsere Fähigkeit zur Empathie entwickeln kann. Oder eben nicht.
Im Erwachsenenalter verhalten wir uns immer dann empathisch, wenn wir uns für unser Gegenüber interessieren, das heisst, wenn wir wollen. Neben diesem «Wollen» braucht es allerdings auch unsere ungeteilte Aufmerksamkeit – eine grosse Herausforderung: Wie oft sprechen wir mit jemandem, während unsere Gedanken entweder noch in der Vergangenheit oder bereits in der Zukunft weilen? In diesem Zustand sind wir nicht «connected» mit unserem Gegenüber, und dann klappt es auch mit der Empathie nicht.
Machen Sie es besser als der Samichlaus
Im Dezember zieht er wieder durch unser Land – der Samichlaus. Ich erinnere mich sehr gut an die Abende, als er in seinem roten Gewand mit weissem Bart, einem Stab und einemgrossen dicken Buch bei uns im Wohnzimmer sass. Er begann jeweils mit dem Lob. Das war kurz und bündig, etwa so: «Also, liebe Bettina, ich habe gehört, dass du ein fröhliches Kind bist und deinen Eltern grundsätzlich viel Freude bereitest – aber …» und dann gings los. Nun kam ein negativer Punkt. Für diesen Punkt brauchte er dreimal mehr Worte als für seine positiven Ausführungen.
Ähnliches beobachte ich im Business-Alltag: Mitarbeitende «klagen» über ihre Vorgesetzten, dass diese zu wenig loben und wertschätzen. Vorgesetzte erzählen mir, dass sie viel und oft und vor allem sehr bewusst loben, da dies ein wichtiger Motivationsfaktor sei. Wer sagt nun die Wahrheit? Beide – die Wahrnehmung ist einfach sehr unterschiedlich. Fakt ist, dass viele von uns beim Kritisieren sehr viel mehr Worte benötigen als beim Loben. Beim Kritisieren erklären wir genau, was wir meinen, machen Beispiele, zeigen die Konsequenzen auf undformulieren eine Erwartung, einen Wunsch oder eine Empfehlung. Beim Loben halten wir uns kurz und knapp – so, wie der Samichlaus.
Achten wir also in Zukunft darauf, dass wir auch beim Loben konkret sind, Beispiele geben, das Lob begründen und die positiven Auswirkungen des Verhaltens aufzeigen. So erzielen wir viel mehr Wirkung und unser Gegenüber fühlt sich wirklich gelobt und wertgeschätzt.
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Autorin
Bettina Spichiger ist Kommunikationstrainerin, Coach, Referentin und Buchautorin.
Im Jahr 2002 startete sie ihre Trainerkarriere in einem renommierten Beratungsunternehmen. 2011 gründete sie ihre eigene Firma «trainings mit click». Die Themen Empathie und Wertschätzung, unterschiedliche Menschentypen (Kultur – Kommunikation und Verhalten) sind ihre Kerngebiete.