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Von der Gruppe zum Team.

So steuern Sie den Prozess.

Die Entwicklung von einer Gruppe zu einem Team verläuft nach einem ganz bestimmten Schema: Die gewünschten Verhaltensänderungen treten erst ein, wenn der Prozess alle Phasen durchlaufen hat. In diesem Artikel lernen Sie die verschiedenen Stufen dieser Entwicklung kennen und erfahren, wie Sie den Prozess bewusst steuern.


Früher definierte Neuland die Moderationsmethode mit: «Aus Betroffenen Beteiligte machen». Nach vielen Jahren praktischer Moderationserfahrung mit den unterschiedlichsten Teilnehmerinnen und Teilnehmern und den unterschiedlichsten Fragestellungen definiert Neuland die Methode heute anders. Die durchaus berechtigte Kritik an der Effektivität von Ergebnissen der Teamarbeit lässt sich nur vermeiden, wenn es auch gelingt, Beteiligte betroffen zu machen.

Ein Unternehmen auf dem Weg in die Krise – und wieder hinaus

Der Fall: Ein mittelständisches Unternehmen (nennen wir es ChipBase GmbH) plante, die Produktionsbereiche (Herstellung elektronischer Bauteile) neu zu strukturieren. Wir bekamen den Auftrag, mit drei Moderatoren beim Umstrukturierungsprozess zu helfen und Prozessbegleiter aus den Reihen des Unternehmens auszubilden und einzusetzen. Die Idee des Managements: In der Produktion sollten die Mitarbeitenden in Gruppen ohne Hierarchie arbeiten. Von den Gruppen wurde erwartet:
  • dass sie mehr Verantwortung übernehmen
  • dass sie sich einen eigenen personellen Verantwortungsrahmen geben
  • dass sie Instandhaltungsaufgaben eigenständig übernehmen
  • dass sie verantwortlich für die Qualität ihrer Arbeit und ihrer Produkte sind
  • dass sie eigenverantwortlich die Produktionskosten senken

Berater statt Vorgesetzte

Die bisherigen Hierarchie-Ebenen der Meister und Vorarbeiter sollten abgeschafft werden. Meister und Vorarbeiter sollten in Zukunft als Berater und Helfer der Mitarbeitenden in der Produktion tätig sein. Die betroffenen Mitarbeiter (denen das Vorhaben noch nicht bekannt war) identifizierten sich durchaus mit dem Unternehmen. Im Modell haben wir das mit Nähe bezeichnet. Mitarbeitende, die bisher fremdbestimmt waren, sollten also in Zukunft eigenverantwortlich (selbstbestimmt) denken und handeln.
Das Management ging davon aus, dass der Weg von 1 nach 2 relativ einfach und in kurzer Zeit zu bewältigen sei. In diversen Vorgesprächen machten wir dem Management deutlich, dass dem nicht so ist und dass zusätzliche Überlegungen angestellt werden müssen: Was wird sein, wenn die Mitarbeiter von dem Projekt erfahren? Die Nähe, die Identifikation, die bis dahin zu verspüren war, würde einer grossen Skepsis weichen. Die Mitarbeiter würden am Erfolg zweifeln und das Projekt in Frage stellen.

Wer die Krisenphase einkalkuliert, hat sie schon fast überwunden

Die Zweifel und die Skepsis werden von Ängsten begleitet und im 3. Schritt kann es nach dem Start des Projektes sogar zu aktivem Widerstand kommen: die Mitarbeiter werden die Grenzen «ausreizen». Eine Phase der Krise, des «Durcheinanders», die von den Verantwortlichen oft nicht gesehen werden will. Das interessante an dieser Situation: Die Betroffenen handeln bereits selbstbestimmt. Wenn allen Verantwortlichen bewusst ist, dass diese Phase des Chaos nicht zu verhindern ist, lassen sich die negativen Begleitumstände in erträglichen Grenzen halten. In vielen anderen Unternehmen kann man erleben, dass die Entscheider das Rad zurückdrehen wollen, sobald Sand im Getriebe spürbar wird.
Fazit: Nachdem wir die Verantwortlichen von ChipBase in den Prozess eingebunden hatten, entstand ein neues gemeinsames Gesamtkonzept, das die potenziellen Schwierigkeiten berücksichtigte. Und so haben wir die Organisations-Entwicklung im Unternehmensbereich Produktion realisiert.
Der 10. Schritt fand 30 Wochen nach Beginn des Projektes statt. Die einkalkulierten Schwierigkeiten begannen nach dem 2. Schritt. Nach der Bildung der Arbeitskreise und deren Start (Schritte 7 und 8) wurde schnell einmal klar, dass die neue Selbstbestimmung weitgehend harmonisch realisiert war. Und noch eine Prognose von uns bewahrheitete sich: Die Meister und Vorarbeiter kamen mit ihrer neuen Rolle nicht klar. Statt Mitarbeiter zu führen und Vorgesetzter zu sein, sollten sie als Helfer und Berater fungieren. Acht von elf Meistern haben deshalb in anderen Unternehmen neue Aufgaben gesucht und gefunden. Heute, ca. 1,5 Jahre nach Beginn des Projektes, hat ChipBase seine Umsatzziele ein Jahr früher erreicht als geplant.