Wie Sie die Gesprächsmethode «The Circle Way» in der Praxis nutzen
Die Kreisarbeit existiert in allen Kulturen. Sie kann mit grosser Wirkung auf Organisationen und Gesellschaften übertragen werden. Die Lernlandkarte Nr. 9 der Kommunikationslotsen enthält alles, was Sie wissen müssen, um die Gesprächsmethode «PeerSpirit – The Circle Way» in der täglichen Praxis anzuwenden.
Schon unsere Vorfahren sassen in Kreisform um ein Lagerfeuer und haben dabei ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Geschichten ausgetauscht. So wurde der Kreis über Jahrhunderte zu einem Ort, an dem Menschen gemeinsam zuhören, denken und ihre Kreativität ausleben.
In dieser Tradition sitzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei «The Circle Way» beieinander - entschleunigt und zusammengehalten durch den Kreis, der als sozialer Container Raum für gehaltvolle Gespräche schafft.
Vor 20 Jahren trafen sich die Schriftstellerin und Seminarleiterin Christina Baldwin und die Naturforscherin und Lehrerin für Umwelterziehung, Ann Linnea in einem Seminar für professionelles Schreiben. Als sie die Teilnehmenden einluden, sich in einen Kreis zu setzen, geschah etwas Unerwartetes: Aus passiven Einzelpersonen wurde im Handumdrehen eine aktive Gruppe.
Diese Erfahrungen motivierten Baldwin und Linnea, den Kreis in eine moderne Sprache und Anwendung zu bringen: Heute ist «PeerSpirit – The Circle Way» die Basis für eine wachsende Anzahl von Methoden, die allesamt auf der Kreisform basieren: «World Café», «Open Space», «Art of Hosting», «Dialog nach David Bohm» und viele weitere.
Der Kreis als Urform von Gruppenprozessen
Wenn Menschen aus Stühlen einen Kreis formen, aktivieren sie eine Urform, einen Archetypus. Archetypen sind universelle mystische Symbole, die eine tiefe Bedeutung haben. Diese Urform macht die besondere Kraft von «The Circle Way» als Gesprächsansatz aus. Dabei nutzt «The Circle Way» drei verschiedene Prinzipien und Praktiken.
Die 3 Prinzipien des «Circle Way»
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Leitung teilen
Jede Person leistet einen Beitrag, indem sie phasenweise die Gesprächsleitung, das Protokoll oder die Rolle des «Prozesshüters» übernimmt. -
Verantwortung teilen
Jede Person ist sowohl für die Ergebnisse wie für den erfolgreichen Prozessablauf verantwortlich. -
Ganzheit suchen
Wenn der Wunsch, das gemeinsame Ziel zu erreichen, grösser ist als der Wunsch nach persönlichem Erfolg, entwickelt die Gruppe Weisheit, Kreativität und neue Möglichkeiten.
Die 3 Praktiken
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Aufmerksam zuhören
Die Teilnehmenden konzentrieren sich bewusst auf das, was jemand sagt. Dadurch werden Denken und Empathie miteinander verbunden – der Verstand versucht zu verstehen und das Herz, eine Verbindung herzustellen. -
Intentionales Sprechen
Bei den Gesprächen stehen Geschichten und Informationen im Zentrum, die Herz und Bedeutung haben. Absichtsvoll sprechen bedeutet: Belehrungen und Bewertungen vermeiden. -
Zum Wohlergehen der Gruppe beitragen
Alle Teilnehmenden sind eingeladen, eine mentale Checkliste zu nutzen, bevor sie zum Gespräch beitragen.- Ist dies der geeignete Moment, um etwas beizutragen?
- Spreche ich mit einer Haltung, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert?
- Was sagt mir mein Körper?
- Wie formuliere ich meine Wahrheit in einer neutralen Sprache?
- Kann ich mit Integrität sprechen, ohne die Integrität der Gruppe zu verletzen?
- Wie soll die Gruppe in diesem Moment von meinem Beitrag profitieren?
Die Mitte
Ähnlich wie bei einem Fahrrad, bei dem die Speichen auf die Nabe ausgerichtet sind, richtet jede Person ihre Meinung in die Mitte. Auf diese Weise können andere einer Sache zustimmen oder dagegen sein und trotzdem weiter zuhören. Die Mitte kann ein symbolischer Gegenstand wie zum Beispiel ein Leitbild, eine Kerze oder ein Foto sein.
Die 3 Rollen
- Gastgeber
Der Gastgeber stellt sicher, dass alle Teilnehmenden wissen, warum sie zusammengekommen sind: Was ist das Thema? Worauf liegt das Hauptaugenmerk? Wer nimmt warum teil? Während des Gesprächs hilft er mit, die Vereinbarungen und das Thema im Blick zu halten. Er achtet auf aufkommende Themen, lädt zur aktiven Teilnahme ein und erinnert die Gruppe, dass alle gemeinsam für die Zielerreichung verantwortlich sind. Der Gastgeber moderiert den Prozess nicht und nimmt auch keine Expertenrolle ein. - Prozesshüter
Der Prozesshüter hat die Energie, die Zeit und den Fokus des Kreises im Blick. Er gibt zum Beispiel ein Zeichen, wenn Pausen notwendig sind. Der Prozesshüter kann den Prozess unterbrechen, um ein Gespräch zu entschleunigen oder um die Intention (wieder) in den Fokus zu stellen. Bei einer Pause erklärt der Prozesshüter ohne Schuldzuweisung, warum er eine Pause eingeschaltet hat. «Ich erinnere an unser Thema», ist neutrale Sprache. «Sie sind ganz weit weg vom Thema», ist Schuldzuweisung. - Schreiber
Je nach Intention eines Kreises kann es sinnvoll sein, dass jemand die wesentlichen Gedanken eines Gespräches in Worten oder Bildern dokumentiert. Das kann auf einem FlipChart, mit einem iPad oder auf einem Notizblock geschehen.
Der «Circle Way»-Prozess
«The Circle Way» ist überall dort einsetzbar, wo zwischenmenschliche Beziehungen oder Prozesse gemeinschaftlicher, rücksichtsvoller oder kreativer werden sollen. Der Prozess wird in der Lernlandkarte detailliert beschrieben.Lernlandkarte Nr. 9 im Neuland Shop bestellen