2017
Ausbildungsbedürfnisse ermitteln. •
- So bekommen Führungskräfte, was sie wollen.
Bei der Entwicklung von Ausbildungsprogrammen für Führungskräffte werden häufig bestehende Konzepte übernommen oder die Lieblingsthemen der Geschäftsleitung behandelt. Zum Beispiel: «Unsere Chefs benötigen eine bessere Arbeitstechnik». Wenn diese Themen den effektiven Bedürfnissen nicht gerecht werden, lassen die Teilnehmenden jedes Engagement vermissen: Sie lassen sich berieseln, und lehnen das Gebotene ab. Aus diesem Grund sollten die Wünsche stets mit den Beteiligten ermittelt werden.
Mit der Moderationsmethode fällt es leicht, in kurzer Zeit Themen zu finden, die aus Betroffenen Beteiligte machen. Die Vorteile sind offensichtlich:
- Es werden ausschliesslich Themen bestimmt, welche die Teilnehmer als wichtig erachten.
- Die Motivation ist gross, da jeder Einzelne die Programmschwerpunkte mitgestalten kann.
Unser Praxis-Report zeigt, wie Sie mit der Moderationsmethode eine Bedürfnisanalyse für Führungsausbildung erarbeiten. Der Zeitbedarf beträgt rund drei Stunden. Die Untertitel entsprechen den Überschriften auf den Pinwand-Tafeln.
1. Themeneinstieg
Zu Beginn wird eine These aufgestellt, die von den Teilnehmern bewertet werden soll.
Die Beurteilung erfolgt mit Hilfe einer Punktabfrage: Alle Teilnehmenden bringen einen Klebepunkt an. Wenn der Punkt bei + + aufgeklebt wird, stimmt die Person der These vollständig zu. Bei – – lehnt sie die These vollständig ab. Dazwischen hat sie Variationsmöglichkeiten. Das Bild könnte am Ende etwa so aussehen:
Die Teilnehmenden in unserem Beispiel sind also der Meinung, dass Führung teilweise auch eine Frage des Trainings ist. Damit bestätigen sie, dass es sich lohnt, ein Führungstraining zu absolvieren. Die Erfahrung zeigt, dass «ehrliche Mitspieler» niemals alle Punkte bei + + einkleben. Sollte es trotzdem einmal vorkommen, dürfte sich ein Training erübrigen. Immerhin können Sie in diesem Fall darüber diskutieren, weshalb die Teilnehmenden der Meinung sind, dass sie ihre Führungsqualitäten nicht verbessern können oder nicht verbessern müssen.
2. Anknüpfen an vorhandenes Wissen
Stellen Sie die Frage:
Die Teilnehmenden notieren ihre Meinung auf Kärtchen. (Weisen Sie auf die Regel hin, dass pro Aussage ein separates Kärtchen verwendet werden muss.) Die Karten werden mit Nadeln auf die Pinwand geheftet. In der Folge gruppieren Sie gleichartige Aussagen zu einem «Klumpen» und suchen für diese Klumpen passende Oberbegriffe. I
In der Regel werden bei dieser Befragung keine sensationellen Erkenntnisse gewonnen, möglicherweise fehlen sogar noch einige wichtige Gebiete. Da die Befragung jedoch lediglich als Einstieg ins Thema dient, können Sie die beiden ersten Schritte auch als «Aufwärmphase» betrachten. Wenn Sie die Moderationsmethode zudem zum ersten Mal einsetzen, dient der zweite Arbeitsschritt auch als Einführung in die Moderationsmethode: Die Teilnehmenden lernen, mit dem Material umzugehen.
3. Vertiefung in kleinen Gruppen
In den ersten beiden Schritten haben wir das Thema ziemlich oberflächlich behandelt. Nun erfolgt eine erste Vertiefung der Arbeit in kleinen Gruppen (4 bis 6 Teilnehmer). Jede Gruppe
verfügt über eine Pinwand und arbeitet nach folgenden Regeln:
- Jeder schreibt seine Ansichten zum Thema auf Karten; in dieser Phase diskutiert die Gruppe nicht.
- Die Karten werden unmittelbar nach dem Ausfüllen an die Pinwand geheftet, damit jeder in der Gruppe sehen kann, was die Kollegen bereits geschrieben haben.
- Gruppieren Sie gemeinsam die Karten mit gleichartigen Aussagen zu «Klumpen».
- Suchen Sie gemeinsam Oberbegriffe (Überschriften) zu den Klumpen.
- Diskutieren Sie das Ergebnis. Stellen Sie die «Abschluss»-Fragen: Was fehlt noch, was wurde nicht gesagt? Wo bestehen andere Ansichten?
- Bestimmen Sie einen Präsentator, der im Plenum die Gruppenarbeit vorträgt. Die erste Frage zur Bearbeitung in der Gruppe könnte beispielsweise lauten:
Damit nicht nur die Mängel und Störfaktoren behandelt werden, bearbeiten die Gruppen auf einer zweiten Tafel die Frage:
Nach Beendigung dieses ersten Teils der Gruppenarbeit präsentieren alle Gruppen gegenseitig die Ergebnisse. Eine Diskussion im Plenum ist möglich, muss aber nicht unbedingt sein.
4. Lückenanalyse
Erfahrungsgemäss werden in einem ersten Durchgang selten alle Aspekte behandelt. Aus diesem Grund lohnt es sich, nochmals aus einer anderen Richtung an das gleiche Thema heranzugehen. In unserem Fall könnten die weiteren Fragen so lauten:
Die Gruppe arbeitet wiederum nach den gleichen Regeln wie bei Schritt 3. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, erfolgt eine Präsentation mit anschliessender Besprechung im Plenum.
5. Themenliste
Als fünfter Schritt werden die Überschriften der verschiedenen Pinwände zusammengefasst. Da jede Gruppe individuell gearbeitet hat, sind Überschneidungen und Doppelnennungen nicht zu vermeiden. Sie werden beim Übertragen eliminiert.
In der Regel werden auch Mängel oder Stärken erarbeitet, die mit einer Schulung nicht beseitigt oder verstärkt werden können – sie verlangen nach anderen Massnahmen, die zum Beispiel durch die Geschäftsleitung verfügt werden müssen. Aus diesem Grund erstellen Sie am besten eine zweite Themenliste:
6. Gewichtung der Themen
Da es in der Regel nicht möglich ist, bei einer Schulung alle Themen gleichzeitig zu behandeln, muss nun eine Gewichtung erfolgen. Dazu erhalten alle Teilnehmenden vier Klebepunkte. Jeder Person klebt die Punkte bei den Themen auf, die ihrer Meinung nach am dringendsten behandelt werden müssen. Je nach Situation können Sie den Teilnehmenden auch erlauben, bei einem sehr wichtigen Thema 2 Punkte aufzukleben. Die Anzahl Klebepunkte bestimmt die Rangfolge und Gewichtung der Themen. Die Pinwand könnte dann in etwa so aussehen (Auszug):
7. Auswertung der Ergebnisse
Mit dem 6. Schritt ist die Arbeit mit den Teilnehmenden abgeschlossen. Das Schulungskonzept wird einzeln oder zu zweit erarbeitet. Die Teilnehmenden der Moderation erhalten ein Fotoprotokoll. Zudem lohnt es sich, ihre Gedanken zum ausgearbeiteten Programm anzubringen. Damit ist der Zusammenhang zwischen der Erhebung des Ausbildungsbedarfs und dem bereinigten Programm gesichert.
Der Text stammt aus dem Buch «Die Pinwand-Technik» von Dr. Victor Bataillard.